In der Arbeit «Items» (2023) baut Jonas Etter eine neue Skulptur aus dem Material der früheren Arbeit «Longitudinal Section» aus dem Jahr 2016. Damals noch ein lose verlegter Stirnseitenparkett aus gesammelten Spanplatten, die er auf der Strasse fand, wird das Material als Skulptur neu arrangiert. Jonas Etter interessierte schon damals den ambivalenten Akt, gebrauchte Möbel auf die Strasse zu stellen, in der Hoffnung, andere Menschen würden sich jenen annehmen und ihr Zuhause damit neu ausstatten und dem Material neues Leben ermöglichen. Die Tatsache, dass es sich dabei um Pressspan als Material handelt – eine günstigste industriell gefertigte Massenware – verleiht dem Akt des «Auf-Die-Strasse-Stellens» eine gewisse Ambivalenz. Dieses Material ist keineswegs wetterfest und es wurde nicht für eine lange Lebensdauer entwickelt, sondern ist vielmehr ein Ausdruck von «fast furniture». Die nachhaltig und altruistisch gedachte Handlung, ein gebrauchtes Möbelstück auf die Strasse zu stellen, verkommt bei Regen, bei mangelnder Nachfrage nach einem Stück, das für fast kein Geld neu gekauft und nach Hause geliefert werden kann, oder spätestens, wenn ein Künstler das Material einsammelt und in 2 cm dicke Streifen zersägt, zur Farce. Der Schnitt durch das Material offenbart das Innere: Eine Referenz auf den Produktionsprozess. Holz wird gefällt, maschinell zerkleinert und wiederum zu Normplatten unter Druck verleimt. Die bei der Herstellung entstandenen Hohlräume, werden im Längsschnitt sichtbar. Die darin eingeschlossenen Luftpartikel sind materialisierte Geschichte und offenbaren das Alter des Materials. Möglicherweise werden auch noch Restgiftstoffe aus dem Bindemittel wieder freigesetzt.
Mit «Items» baut der Künstler feine, wenige Zentimeter dicke Wände, die sich gegenseitig abstützen und ein architektonisch anmutendes Gebilde mit Hohlraum formen. Handelt es sich hierbei um eine Wand im Kasten oder ein Architekturmodell, das den industriellen Charakter der Backsteingebäude der Umgebung aufgreift? Es ermöglicht Einblicke und gleichzeitig stellt sich die Wand auch dem Blick durch den Kasten entgegen.
Jonas Etter studierte an der Hochschule Luzern im Bachelor Fine Arts und an der Zürcher Hochschule der Künste (ZhdK) im Master Fine Arts. Er setzte sich früh mit spezifischen Materialien und deren Eigenschaften und Wertigkeiten auseinander. Der performative Aspekt der Vergänglichkeit, die Transformation als Neubewertung und das Spiel mit Arbeit und Autorschaft sind wiederkehrende Themen. Die Spannungsfelder zwischen Information und Material und zwischen Idee und Intuition sind ebenso Gegenstand seiner künstlerischen Untersuchungen.
Seine Arbeiten wurden u.a. im Kunsthaus Langenthal, im CENTQUATRE in Paris, im Centre Pasqu’art in Biel, bei HäuslerContemporary in Zürich, im Helmhaus in Zürich, bei Under Deconstruction in München und im sic-elephanthouse in Luzern gezeigt.
Jonas Etters Arbeit wurde mit dem Aeschlimann-Corti Stipendium, mit Werkbeiträgen von Stadt und Kanton Zürich und mit dem Atelierstipendium Binz39 ausgezeichnet.
jonasetter.ch