Susanne Hefti, Recherche (Holzreserven), 2022

Susanne Hefti, Recherche (Salzberg), 2022

Susanne Hefti, Recherche (Salzdruck), 2022

25. August 2022 — 21. Oktober 2022

Susanne Hefti

Felix Austria

Die Künstlerin Susanne Hefti beschäftigt sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit sozialen und politischen Dimensionen von Architektur und bebautem Raum. Ausgehend von einem erweiterten Begriff des Dokumentarischen, bewegt sie sich zwischen verschiedenen Disziplinen und verbindet in ihren Arbeiten Bilder, Texte und Audio zu ortsspezifischen Installationen. Basierend auf einem mehrmonatigen Aufenthalt im Unterengadin und einer Recherche im Tirol erkundet Susanne Hefti für ihre Ausstellung «Felix Austria» die Spuren des Holzraubbaus und der Salzindustrie dieser Regionen. 

Während ihrer Artist in Residence in der Fundaziun Nairs im Unterengadin (2021) spazierte Susanne Hefti oft durch das gegenüberliegende, steile Waldstück – Chavrigels. Einen Teil davon erblickte sie sogar aus ihrem Zimmerfenster. Zunächst, im März und April, war der Wald noch unzugänglich, es lag Schnee, der ziemlich langsam schmolz, denn der Hang lag oft im Schatten. Später konnte man vom Innufer auf engen, steilen Pfaden nach Florins und dann Tarasp gelangen. Versteckt im Wald gab es Quellen und mystische Lichtungen zu entdecken, der Golfplatz von Vulpera ragte leicht hinein, und fast ganz oben liegt eine «Platta da las Strias», ein mit vielen Einwölbungen versehener, grosser Stein. Im Kulturarchiv Unterengadin stiess Hefti schliesslich auf Unterlagen zu diesem Wald. Er wurde – wie auch zahlreiche weitere Wälder im Engadin, im Mittelalter grossflächig abgeholzt. Das meiste Holz wurde den Inn hinabgeschwemmt und dazu verwendet, in Hall in Tirol kostbares Salz aus der Sole zu kochen. Im Haller Salzberg betrieben die Landesfürsten zahlreiche Stollen. Diese wurden aufgeschlagen und mit Süsswasser geflutet. Das mit Salz angereicherte Wasser – die Sole – wurde aufgefangen und in ausgehölten Holzstämmen rund 10 km ins Tal geleitet, in die Salzhütten von Hall. Dort kamen riesige Salzpfannen zum Einsatz, mit denen das Salz durch die Verbrennung von Holz herausgesiedet wurde. Da die Tiroler*innen selbst knapp an Holz waren, besorgten sie es sich aus dem nahen Engadin. Entschädigt wurden die Gemeinden dafür nicht, die Tiroler Landesfürsten eigneten sich das geschlagene Holz einfach an. Hall kam durch das Salzgeschäft zu beträchtlichem Reichtum, im Engadin führte der Raubbau zu erhöhter Rüfen- und Lawinengefahr oder auch Schäden durch den Borkenkäfer. Über viele Jahrzehnte wehrten sich die Gemeinden gegen die Aneignung und vertrieben etwa die Holzfäller. Nach dem Loskauf der österreichischen Hoheitsrechte füllten sie ihre Gemeindekassen aber selbst kräftig durch Holzverkäufe, während sie ihren Bürger*innen fast kein Holz zugestanden. 

Susanne Heftis Installation im kunstkasten und eine Serie von Fotografien, die für zwei Wochen (28. Sept. – 11. Okt. 2022) in Winterthur an öffentlichen Plakatstandorten zu sehen sind, verdichten die Spuren und erkunden die Geschichte, welche der Raubbau und die Salzindustrie hinterlassen haben. Die Ausstellung im kunstkasten befindet sich im öffentlichen Raum und kann jederzeit besucht werden.

Orte der Plakate im Stadtraum Winterthur sind:

Grüzenstrasse 45a
Langgasse 38
St. Gallerstrasse 63
Frauenfelderstrasse 34
Römerstrasse 243
Römerstrasse 83
Zürcherstrasse 102
Hochwachtstrasse 43
Museumstrasse 52
Reitweg 20
St.-Georgen-Strasse 83
Stadthausstrasse 4a
Technikumstrasse 57
Theaterstrasse 8
Tösstalstrasse 26

Susanne Hefti (*1984, lebt und arbeitet in Winterthur) beschäftigt sich in ihrer künstlerischen Praxis mit sozialen und politischen Dimensionen unserer gebauten Umwelt sowie verschiedenen Formen von Wissensproduktion und Wissensordnungen. Ihre Arbeiten verbinden dabei Bild-, Text- und Audioproduktion, Installation und Recherche. Ursprünglich aus der Fotografie kommend, sieht sie sich einem erweiterten Begriff der Dokumentarfotografie verpflichtet. Davon ausgehend bewegt sie sich zwischen verschiedenen Disziplinen und Praktiken, die sie als grundlegend für ihre künstlerische Auseinandersetzung begreift. Die Reflexion der herausfordernden Rollenverknüpfung zwischen künstlerischer Arbeit und forschender Tätigkeit ist ein wichtiger Teil von Susanne Heftis Praxis. Ihre Arbeit ist daher von längerfristigen und tiefgreifenden Rechercheperioden geprägt, deren Resultate in verschiedenen Formen präsentiert werden (Vorträge, Ausstellungen, Publikationen). Jüngste Ausstellungen: Kunststipendien der Stadt Zürich, Helmhaus (2022); Unfolding Cities – The Photobook as Archive, AFF Galerie, Berlin (2021);  Kartierung, Erlkönig, Bremen (2021); Call it a Book, KOP.12, Essen (2021); DF 11/12, Wüstenrot Preis für Dokumentarfotografie, Haus am Kleistpark, Berlin (2020). Weitere Infos: http://susannehefti.com 



Kuratiert von Julia Wolf 




Mit freundlicher Unterstützung von